Die Herrgottsgrenadiere

Die Herrgottsgrenadiere marschieren auch heute noch auf. An Fronleichnam (im deutschsprachigen Wallis auch "Herrgottstag" genannt), am darauf folgenden Sonntag, dem "Sägisunntag" (Segensonntag) und an den Kirchweihfesten der jeweiligen Dörfer (2005: Ferden 11.09., Kippel 19.06., Wiler 21.08., Blatten: am letzten Augustsonntag) sieht man sie vormittags in der an die hl. Messe anschließenden Prozession und nachmittags bei der eher weltlichen Parade, bei der unter Begleitung von Blasmusik die Fahnen geschwungen werden.

Die Herrgottsgrenadiere präsentieren sich nach altem Brauch in weißen Hosen und scharlachroten Fräcken mit goldglänzenden Knöpfen und Epauletten, mit weißem, gekreuztem Wehrgehänge für Säbel und Patronentasche, hohem, stehendem Federbusch und einem Gewehr auf der Schulter. Der kommandierende Wachtmeister und der Fähnrich tragen echte Zweispitzhüte.

Ursprung dieses Brauchtums war die Not. Aus ihr heraus haben seit Jahrhunderten auch Lötscher ihr Auskommen in fremden Diensten gesucht und sich oft verleiten lassen, sich als Söldner zu verdingen. Anfang des 19. Jahrhunders standen etwa 30.000 Schweizer unter fremden Fahnen, in Preussen, in den Niederlanden, in Frankreich, in Sizilien und in päpstlichen Diensten. Die wenigsten kamen gesund und arbeitsfähig wieder nach Hause. So sind 1644 laut Sterbebuch in der Schlacht bei Lerida in Katalonien sechs Lötscher Söldner gefallen. Auf diese Söldnerzeit hin weist auch das weiße Seidenbanner mit durchgehendem roten Kreuz (Savoyardenkreuz) und der Jahreszahl 1625, das im Pfarrarchiv von Kippel aufbewahrt wird. Lötscher Männer dienten auch an den königlichen Höfen von Versailles und Neapel. Von dort stammen die Uniformen der Herrgottsgrenadiere.

Heimgekehrt in ihre Dörfer, haben die Söldner diese Parade-Uniformen aufbewahrt und an den hohen kirchlichen Festtagen zu Ehren Gottes wieder angezogen um so gekleidet auch an den Prozessionen teilzunehmen.

Im Jahre 1932 wurde im Lötschental ein Spielfilm – der erste nationale Schweizer-Tonfilm – gedreht und machte die bei Prozessionen aufziehenden 'Soldaten' in ihren historischen Uniformen landesweit bekannt. Nach seinem Titel "Die Herrgotts-Grenadiere" heißen die Lötschentaler Männer seitdem.

In gleichem Masse wie die Uniformen der Vergangenheit angehören und nur noch aus Tradition getragen werden, sieht man inzwischen auch die schönen Lötschentaler Trachten leider nur noch bei besonders festlichen Anlässen.

Dass der Brauch aber immer Brauchtum, noch in der Tradition verankert und nicht nur Spektakel für Touristen ist, zeigt folgendes Interview, das ich unter "www.rz-online.ch" las:

Kippel / Martin Ritler (26) aus Kippel wird am kommenden Pfingstsonntag als neuer Fender der Herrgottsgrenadiere eingesetzt. Die RZ hat nachgefragt.

In drei Tagen ist die Fendersetzung in Kippel. Sind Sie schon nervös?
Sicher bin ich ein bisschen nervös. Aber das gehört wohl dazu. Der abtretende Fender hat mich aber ermuntert und mir gesagt, ich solle mir keine Sorgen machen, die Kippler hätten das im Blut. Da kann wohl nicht viel schief gehen.

Sie wurden von der Bevölkerung zum neuen Fender der Herrgottsgrenadiere gewählt. Sind Sie stolz darauf?
Das ist eine grosse Ehre für mich, als Fender im Zug der Herrgottsgrenadiere zu marschieren.

Was für einen Stellenwert haben die Herrgottsgrenadiere für Sie?
Für mich hat die Parade einen stark-religiösen Hintergrund. Ich marschiere zur Ehre Gottes bei den Herrgottsgrenadieren mit. Der touristische Gedanke zählt für mich wenig.

Als Fender der Herrgottsgrenadiere kann man nicht abgewählt werden. Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass der Fender solange mitmarschieren darf, bis dass die Liebe über das Banner siegt. Haben Sie sich darüber schon Gedanken gemacht?
Überhaupt nicht. Dieser Grundsatz sorgt immer wieder für lustige Diskussionen. Aber da mache ich mir eigentlich keine Sorgen … (lacht).

BW (news 2003 / Nr. 21 - 6 juni)

Herrhottsgrenadiere 2003

Mehr Bilder vom Aufzug der Herrgottsgrenadiere in Blatten am 31. August 2003 hier.

Sehen Sie auch den Tagesschau-Beitrag des Schweizer Fensehens vom 30.05.2013.

Informationen zum Film "Die Herrgotts-Grenadiere"

Erster Schweizer Hochgebirgs-Tonfilms (1932), ein Dramas (Literaturverfilmung), dessen Thema ein Goldfund im Wallis ist.

Deutscher Originaltitel:
Die Herrgotts-Grenadiere
Französischer Originaltitel:
Les Grenadiers du bon chieu
 
Altenativ:
Der Goldene Gletscher (Deutschland)
Goldfieber (Deutschland)
Ein Tal sucht Gold (Österreich) [de]
 
Erstaufführung:
22.12.1932
 
Regie:
Anton Kutter
Buch:
August Kern, Anton Kutter
Darsteller:
Gustav Diessl – Faletti;
Franziska Bloetzer – Therese, Josaps Frau;
Stefan Bloetzer – Josap, Lötschentaler;
Willi Braune – Geologe;
Werner Düby – Boldt, Strassenbauingenieur;
Beni Führer – Wisi, ein Lötschentaler;
Kurt Horwitz;
Pfarrer Jossen – Der Pfarrherr;
Maria Murmann – Johanna, Wisis Braut;
Eligius Rieder – Der Gemeinderpräsident
Originalmusik:
Peter Kreuder
Kamera:
Otto Martini, Gustav Weiß
Schnitt:
Anton Kutter, Gottlieb Madl
Länge:
100 min
Produktionsland:
Schweiz / Deutschland
Sprache:
deutsch (Dialekt / Mundart)
Produktionsfirma:
Gefi-Filmgenossenschaft
Produktionsleiter:
August Kern
Filmverleih:
Bayerische Filmgesellschaft-m-b-H
Film-Plakat – Die Herrgottsgrenadiere   Titel Filmkurier   Film-Plakat – Die Herrgottsgrenadiere

Das erste und das dritte Bild zeigen Filmplakate, das Bild in der Mitte den Hauptdarsteller Gustav Diessl auf dem Titel einer Ausgabe des "Film-Kurier".

Plakattext (Abb. links)

Das wirklich grösste Ereignis für Luzern

seit Bestehen der Kinematographie ist unbedingt der bereits zu Weltruhm gelangte, von Publikum und Presse mit aussergewöhnlicher Begeisterung aufgenommene

erste nationale Schweizer-Tonfilm !

Dass in einem landschaftlich so bevorzugten Lande wie die Schweiz schon mancher stumme und auch mancher tönende Film gedreht worden ist, darf als bekannt vorausgesetzt werden.Weniger bekannt aber wird es sein, dass es bisher noch keinen Tonfilm gab, der eine rein schweizerische Handlung enthielt, und von einer schweizerischen Produktionsfirma mit ausschliesslich schweizerischem Kapital aufgenommen wurde. Er heisst:

Die Herrgotts-Grenadiere

mit Beny Führer, Stepan Blötzer, Gustav Diessl und der gesamten Bevölkerung und Geistlichkeit des Lötschentals
Keine Kulissen, keine Eisbauten, keine Vorspiegelungen falscher Tatsachen, sondern

"Echtes, teures Heimatland"

Die dramatischen Ereignisse, in deren Rahmen die althergebrachten Sitten und Gebräuche der Lötschentaler geschildert werden, stützen sich auf die Tatsache, dass von 1560 bis 1900 im Lötschental Silber-, Bleiglanz- und Kohleminen betrieben wurden. • Den Titelverdankt der Film jenen Männern, die am "Herrgottstag" (Fronleichnam) und am darauffolgenden "Segensonntag" als Ehrenwache des Allerheiligsten die durch die Dörfer und Felder ziehenden Prozessionen in malerischen, historischen Uniformen begleiten.

Die Handlung spielt in über 3000 Meter Höhe im Lötschental (Wallis) einer der einsamsten aber romantischten Gegenden der hochalpinen Schweiz und enthält Kletterszenen in Fels und Eis, die jedem Besucher unvergesslich bleiben werden. Daneben zeigt (mit besonderer Erlaubnis des Bischofs von Sitten) der Film den berühmten Aufszug der Herrgottsgrenadiere und den Alpaufzug, eine stimmungsvolle Bergpredigt, ferner eine Katastrophe die als Gottesgericht aufgefasst wird und Bilder, wie sie bis heute in einem Bergfilm (möge er heissen wie er will) noch nie zur Wiedergabe gelangten.

Es ist das Schönste und Erhabenste was wir ihnen zeigen können
und wenn sie auch in 10 Jahren nur einmal in's Kino gehen aber die "Herrgottsgrenadiere" müssen sie gesehen haben.

FLORA
Das Theater mit der einwandfreien Tonwiedergabe !
Heute um 3, 5, 8.30 Uhr
Sonntags 2, 4, 6, 8.30 Uhr
Abends sind sämtliche Plätze nummeriert – Telefon 21.834
Man bittet dringend um den Besuch der Nachmittagsvorstellungen

Bitte nicht wenden!


08.09.2003 - Letzte Aktualisierung dieser Seite: 31.07.2015 - © edgar droste-orlowski

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