Brotbacken im Lötschental

Brot war eines der Hauptnahrungsmittel im Lötschental und lag zu jeder Mahlzeit auf dem Tisch.

Wie wertvoll es war, erkannte der Fremde auch daran, dass bei der Getreideaussaat an allen Ecken des Ackers ein Kreuz gemacht wurde und auch, wenn ein Laib Brot frisch angeschnitten wurde, wurde er mit einem Kreuz bezeichnet (Dies ist aber nichts rein Lötschental-spezifisches.).

Das Lötschentaler Brot war ein dunkles, sehr haltbares Roggenbrot. Gebacken wurde gemeinsam im Gemeindebackofen, und zwar nur einmal im Monat (in Blatten immer in der ersten Woche).

Die Zubereitung – mühevolle Gemeinschaftsarbeit

Zur Vorbereitung musste drei Tage vorher das Holz gespalten werden, damit es genügend Zeit zum Trocknen hatte.

Am Backtag legte der Backofenmeister Holzscheite im Halbkreis in den Ofen aus Speckstein (Speckstein ist ein guter Wärmespeicher) und zündete diesen Halbkreis an beiden Seiten an. Die zurückbleibende Glut wurde dann auf der ganzen Ofenfläche verteilt, um eine gleichmäßige Erwärmung zu erzielen. Kurz vor dem Erlöschen der Glut wurde sie aus dem Backofen geschleudert. Dies wurde dreimal wiederholt. Das lodernde Feuer erhitzte die Steine an der Decke, die Glut den Boden des Ofens. Allein das richtige Ausfegen des Ofens war eine Kunst.

Der Teig wurde am Tag zuvor zuhause vorbereitet und am Backtag zum Ofen gebracht. In einer Bachin (Teigmulde) wurde dazu Hebin (Sauerteig) mit Roggenmehl vermischt, mit heißem Salzwasser übergossen und verrührt. Teilweise wurde noch Kümmel oder Sonnenblumenkerne beigemischt. Wenn der Teig genug gegärt hatte (sich breite Spalten bildeten), wurde er von den Männern geknetet. Der Rest war dann wieder Frauensache. Die Frauen drehten Boiwliga (Teigstücke) zu Brotuun (kegeligen Formen), die in mit Ziermotiven (meist sakral) ausgestattete Leybsärä (Formen) gepresst wurden. Aus diesen herausgenommen, wurden sie mit der Schissel (Brotschaufel) in den vorbereiteten Ofen geschossen und dieser gut verschlossen. Nach etwa einer Stunde waren die Brote fertig gebacken.

Letzter Zeitzeuge

Der Backofen von Blatten fasste etwa 50 Brote. Er wurde 1820-1825 durch die Dorfschaft Blatten erbaut und erst 1951 stillgelegt, als Blatten durch die Bäckerei in Kippel (Verkehrsentwicklung, neue Straße, Postauto) mit Brot versorgt wurde. 1994/95 konnte der alte Backofen saniert werden. Heute wird hier wieder an besonderen Terminen gebacken: an Fasnacht, am Samstag nach Ostern, am Nationalfeiertag (1. August), am Samstag vor Allerheiligen und am 31. Dezember.

Symbol

Dass Brot ist aber nicht nur profanes Nahrungsmittel ist, zeigt seine Symbolkraft. So wird im Lötschental seit Urzeiten zur Taufe von Paten und Patin die "Mischta" – ein mit Christusmonogramm und Kreuz verziertes Brot – gespendet.


23.09.2003 - Letzte Aktualisierung dieser Seite: 27.02.2009 - © edgar droste-orlowski · Impressum

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