Kleine Geschichte der Eisenbahn
Eigentlich hat ja die Geschichte der Eisenbahn nicht direkt mit dem Lötschental zu tun. Um aber die Leistung, die der Bau des Lötschbergtunnels darstellt, einordnen zu können, ist ein wenig Wissen über die Bahngeschichte von Vorteil.
Die dampfbetriebene Eisenbahn war die folgerichtige Entwicklung aus Bahnen zum Transport von Lasten – (Wagen auf Schienen, durch Menschen- oder Pferdekraft bewegt), wie man sie bereits Mitte des 16. Jahrhunderts zuerst in deutschen und dann auch in englichen Bergwerken nutzte – und ortsfesten, dampfbetriebenen Pumpen zur Grubenentwässerung, die bereits Anfang des 18. Jahrhunderts in England eingesetzt wurden.
Am 21. Februar 1804 (also nur knapp hundert Jahre vor dem Beginn des Lötschbergtunnelbaues) bestand die erste Schienen-Dampflokomotive der Welt in England ihre Probefahrt.
1817 konstruierte übrigens der Großherzoglich-Badische Forstmeister Karl Friedrich Freiherr Drais von Sauerbornn (1785-1851) die erste lenkbare "Schnellaufmaschine" und setzte damit die Entwicklung aller Zweiräder in Gang (siehe "Die Geschichte des Fahrrades").
Am 27. September 1825 wurde die weltweit erste öffentliche Eisenbahn (von Stockton nach Darlington) eingeweiht. Nach der Einweihungsfahrt wurden im normalen Fahrbetrieb allerdings vorerst wieder Pferde vor die Wagen gespannt.
Am 15. September 1830 fand die Einweihung der Liverpool-Manchester-Eisenbahn statt. Vorausgegangen waren Wettfahrten, die zum ersten mal deutlich machten, dass es möglich war, sich schneller als auf einem galoppierenden Pferd fortzubewegen und auch über viel längere Strecken. Die Erfolge dieser Bahn versetzten England in ein Eisenbahnfieber und führten zur Gründung vieler Eisenbahngesellschaften mit eigenen Bahnen. Aber der Erfolg öffnete auch Spekulanten Tür und Tor, und führte so letztendlich auch geradewegs durch Aktienschwindel und andere Betrügereien zur ersten großen Eisenbahnkrise.
1844 legte eine Bahn der 'Great Western Railway' die 312 km lange Strecke von London nach Exter in nur 4 Stunden und 20 Minuten zurück – mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 66 km/h.
Einen Betriebsrekord stellte eine von Edward Burys 1846 gebaute Dampflok auf: Sie startete 1898, nach 52 Dienstjahren, zu ihrer letzten Fahrt.
1848 erreichte eine Lokomotive bereits die – bis dahin unvorstellbare – Geschwindigkeit von 120 Stundenkilometer.
Die Spurweite (Schienenabstand) war nicht nur immer wieder Thema, wenn es um die Sicherheit bei hohen Geschwindigkeiten ging, sondern immer auch eine wichtige Größe bei der Kostenberechnung des Bahnbaues je schmaler die Spur, desto weniger Erdbewegungen sind beim Bau der Trasse notwendig.
Die Spurweite der ersten von George Stephenson gebauten Bahnen lehnte sich an die der englischen Grubenfahrzeuge an und betrug achteinhalb Zoll (143,5 cm). Sie wurde damals in England durch eine Parlamentsverordnung für verbindlich erklärt. Da die meisten Länder britische Lokomotiven importierten, setzte sich dieses Maß anfänglich auch außerhalb Englands durch.
Nachdem die Parlamentsverordnung 1834 ihre Gültigkeit verlor, gab es allerdings in England alleine sieben verschiedene Spurbreiten. Irland entschloss sich zu der nirgends sonst anzutreffenden 'Normalspur' von 160 cm. Sechs Fuß (183 cm) war das Maß für Holland, die ersten russischen Eisenbahnen und den nördlichen Teil der USA. Im südlichen Drittel der Vereinigten Staaten wurde nach dem Bürgerkrieg ein Standardmaß von fünf Fuß (152,5 cm) eingeführt, das, von den amerikanischen Erbauern der Linie St. Petersburg-Moskau nach Russland gebracht, dort bis heute erhalten ist.
Durch die fortschreitende Entwicklung des Verkehrswesens und das daraus resultierende Zusammenwachsen der Länder wurde eine Vereinheitlichung unumgänglich. Die von Stephenson benutzte Spurweite von 143,5 cm setzte sich bald in fast gang Westeuropa durch.
Vor allem die Kosten für den Trassenbau führten dazu, dass vielfach zur Ergänzung der Hauptstrecken, Nebenstrecken als Schmalspurbahnen gebaut wurden. Vor allem viele Bergbahnen wurden mit einer Spurweite von 100 cm gebaut. Die indische Darjeeling-Himalaja-Bahn begnügt sich sogar mit 61 cm und überwindet so auf 82 km 2000 Höhenmeter.
Am 15. Juni 1844, also erst ca. 50 Jahre vor der Eröffnung der BLS-Strecke durch den Lötschberg, fuhr der erste Zug (die 1800 m lange Strecke von St-Louis nach Basel) auf schweizer Boden. Der Weg dorthin hatte sich schwierig gestaltet:
Während sich der schweizer Eisenbahn-Pionier Niklaus Riggenbach (1817-1899) im Ausland (Paris, Karlsruhe) sein fachliches Können aneignete und auf den großen Seen die Dampfschifffahrt aufkam, fanden in der Schweiz heftige Auseinandersetzungen für und wider die Eisenbahn statt. Viele bangten um ihre Zukunft (Sattler, Pferdezüchter, Gastwirte, Postillione usw.) andere hatten Sorge, von fremden Mächten abhängig zu werden und diesen ausgeliefert zu sein. Probleme bereiteten aber vor allem auch die fast 400 Zollstationen des Staatenbundes, die diesen in kleinste Parzellen unterteilten, der Münzwirrwarr, die kantonal unterschiedlichen Postwesen und die unterschiedlichen Masse und Gewichtseinheiten. In den Kantonen Bern, Solothurn, Basel, Freiburg, Aargau und Waadt zahlte man mit dem Franken zu zehn Batzen, in St. Gallen, Schaffhausen, Thurgau und Appenzell war der süddeutsche Gulden übliches Zahlungsmittel, die anderen Kantone hatten weitere Währungen.
Auf der anderen Seite sah man die Bahnlinien in Deutschland, Frankreich und Italien sich immer mehr den schweizer Grenzen nähern und aufgeschlossenen Eidgenossen erkannten den Nutzen der Bahn für den Handel.
1836 wurde die erste schweizer Eisenbahngesellschaft in Zürich gegründet, scheiterte aber bald daran, dass die meisten Aktionäre ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkamen. Daneben hatte es schon bei der Trassevermessung für die geplante Strecke Zürich - Baden heftigste Auseinandersetzungen mit Grundbesitzern gegeben.
1840 wurde die französische Strecke bis St-Louis an der schweizer Grenze bei Basel fertiggestellt. Man kann es sich kaum vorstellen, aber zu dieser Zeit war Basel noch von einer Ringmauer umschlossen, deren Tore aus Vorsicht jeden Abend geschlossen wurden. Dass die Bahn von St-Luis nach Basel fortgeführt würde, war wohl allen klar – ob sich der zu bauende Bahnhof aber innerhalb oder außerhalb der Stadtmauern befinden sollte, darüber erhitzten sich die Gemüter nicht nur in Basel. Die Neue Zürcher Zeitung wies den eidgenössischen Kriegsrat darauf hin, dass eine Lösung innerhalb der Stadtmauern ein Trojanisches Pferd sei, das es den Franzosen erlaube mit Leichtigkeit 20.000 Mann nach Basel hineinzuwerfen und so die Nordwestflanke der Schweiz in höchstem Maße gefährdet sei. Die Basler lösten das Problem endlich durch eine Erweiterung der Stadtmauer und den Einbau eines besonderen Eisenbahntores und erbauten auf dem so hinzugewonnenen Gelände ihre Bahnhofsanlage.
So konnte endlich am 15. Juni 1844 der erste Zug schweizer Geleise befahren.
Martin Escher-Hess, der die Unterlagen der ersten Züricher Bahngesellschaft nach deren Auflösung ersteigert hatte, erhielt 1845 von der Züricher Regierung die Konzession für eine Bahn von Zürich nach Baden und gründete die Gesellschaft 'Schweizerische Nordbahn' (SNB).
Die französischen Züge in Basel gaben den Bestrebungen nach anderen Bahnlinien neuen Auftrieb uns so stand diesmal die Mehrheit der Öffentlichkeit hinter diesem Projekt. Im April 1846 begannen die Bauarbeiten. Zu diesen gehörte auch der Bau des Tunnels durch den Schloßberg bei Baden, der als erster schweizer Tunnel am 14. April 1847 durchstochen wurde. Nebenbei: Der Tunnelbau wurde mit Hilfe aargauischer Sträflinge in Angriff genommen.
Am 7. August 1847 wurde die Strecke Zürich–Baden, die erste ganz auf Schweizer Boden liegende Eisenbahnlinie, festlich eröffnet. Täglich verkehrten in beide Richtungen vier, Sonntags fünf Züge. Für diese Strecke gab es die beiden Schwesterlokomotiven 'Limmat' und 'Aare', 28 Personenwagen mit Sitzplätzen, zwei Stehwagen, zwei Viehwagen, vier Gepäckwagen und einen Wagen zum Kohlentransport. Betrieben wurden die Bahnen zu dieser Zeit übrigens noch nicht mit Steinkohle, sondern mit Holzfeuerung (deshalb auch die besonderen Kamine mit Funkenfang). "Spanisch-Brötli-Bahn" wurde diese Linie bald genannt, da "Spanisch Brötli", ein aus Baden stammendes Gebäck, sich damals in Zürich grosser Beliebtheit erfreute.
Vergessen wir nicht, in welcher Zeit wir uns bewegen. Im Staatenbund herrschen wirtschaftliche und vor allem auch konfessionelle Gegensätze. Die verschiedenen Machthaber, weltliche wie geistliche, haben ihr eigenes Wohl und ihre Macht im Auge, die Bürger fordern Freiheiten und Rechte, die Sonderbundkriege entbrennen. Da auch die Eisenbahnfrage eine kantonübergreifende ist, trägt sie ihren Teil zu den Unruhen bei.
1849 beauftragte der schweizer Bundesrat die Engländer Stephenson und Swineburne, einen Generalplan für ein schweizer Eisenbahnnetz zu entwickeln. Das Gutachten sah als wichtigste Hauptlinie die Streckenführung Genf - Lausanne - Yverdon - Murten - Lyss - Solothurn - Olten - Zürich - Winterthur - Rorschach, als Nord-Süd-Verbindung postulierte es die Linienführung Basel - Olten - Luzern - Bellizona - Chiasso, womit Olten als Verkehrsknotenpunkt an Bedeutung gewann.
Durch negative Erfahrungen gewarnt, schlugen die Engländer außerdem vor, die schweizer Bahnen mit staatlichen und kantonalen Mitteln zu betreiben. 1853 entschieden sich die Räte trotzdem (unter dem Einfluss der Finanzkrise und dem Misstrauen gegen den noch jungen Staat) zugunsten des Privatbaus.
Am 19. März 1854 wurde als zweite Strecke der Schweiz die Bahn Basel - Liestal mit dem 2500 m langen Tunnel durch den Hauenstein in Betrieb genommen. 1860 erstreckten sich vom Knotenpunkt Olten schon Bahnlinien in alle Himmelsrichtungen nach Aarau, Luzern, Bern, Biel und Basel. Die Bahnlinie Zürich - Baden wurde nach Aarau weitergeführt und bekam so über Basel Anschluss an das internationale Schienennetz. Nach Osten wurde diese Linie über Winterthur bis Romanshorn (mit Abzweigungen nach Schaffhausen und Konstanz) fortgeführt.
In der Ostschweiz erstellte die 'Vereinte Schweizer Bahnen' die Linien Winterthur - St. Gallen - Rorschach - Altstätten- Chur und Wallisellen - Rapperswil - Wesen - Sargans mit einer Abzweigung nach Glarus.
Auch in der Westschweiz wurden zwei große Bahnen gebaut: Neuchâtel - Yverdon - Lausanne und Bern - Freiburg - Lausanne. Im Wallis erreichte die Bahn 1860 Sitten.
Damit waren nach anderthalb Jahrzehnten bereits alle größeren Städte nördlich der Alpen an das Schienennetz angeschlossen.
Neben diesem Schienennetz wurden ab 1871 (Rigibahn) diverse Bergbahn-Projekte realisiert. Zu ihnen gehört auch die Brienz-Rothorn-Bahn (1914 bei Ausbruch des 1. Weltkrieges stillgelegt und erst 1931 wieder in Betrieb genommen), die einzige schweizer Bergbahn, die auch heute noch mit Dampfkraft den Berg erklimmt.
Noch bevor in der Schweiz die erste Lokomotive fuhr, beschäftigten sich einige Leute mit der Überwindung des Alpenmassivs. Das wohl erste beantragte Projekt war eine Bahnverbindung zwischen Bodensee und dem Mittelmeer, das einen Tunnel durch den Lukmanier vorsah.
In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts drohte die Schweiz durch die Strecke am Brenner (1867) und den französisch-italienischen Mont-Cenis-Tunnel (1870) ins Abseits zu geraten. Die Nordbahn und die Centralbahn wurden zur Gotthardvereinigung zusammengefügt. Da sich neben dieser auch Italien, Baden und der norddeutsche Bund für eine Gotthard-Strecke aussprachen und finanzielle Unterstützung zusagten, wurde diese in Angriff genommen und das Lukmanier-Projekt fallengelassen.
Im Sommer 1872 wurde der Bau des Gotthardtunnels in Angriff genommen. An Mehrkosten von 102 Millionen Franken drohte das Projekt zu scheitern, aber bei einer Volksabstimmung am 19. Januar 1879 sprach sich die Mehrheit für die Vollendung aus. Der Tunneldurchschlag gelang am 29. Februar 1880 nach sieben Jahren und fünf Monaten. Eröffnet wurde die Gotthardbahn am 25. Mai 1882. Ein neuer Abschnitt für die schweizer Eisenbahnen begann Dank dieser Nord-Süd-Verbindung.
1890 betrug das schweizer Eisenbahnnetz ca. 3000 Kilometer und die Privatbahnen lieferten sich harte Konkurrenzkämpfe. Die Zwangsliquidierung der 'Schweizerischen Nationalbahn' (die natürlich auch eine Privatbahn war) 1878 war nur der Beginn einer Krise gewesen. Die Sparmaßnahmen beim Streckenbau infolge des Konkurrenzkampfes führten 1891 zu einem tragischen Unglück, bei dem 71 Menschen ihr Leben verlohren Wasser auf die Mühlen derer, die bereits für eine Verstaatlichung der Bahnen eintraten.
Am 20. Februar 1898 sprachen sich die Stimmberechtigten bei einer Volksabstimmung mit großer Mehrheit für die Verstaatlichung aus. Die SBB wurde gegründet. Die vier großen Gesellschaften Nordostbahn, Centralbahn, Vereinigte Schweizer Bahnen, Jura-Simplon-Bahn wurden bis 1903, die Gotthardbahn 1909 erworben.
Als der Bau des Simplontunnels 1899 in Angriff genommen wurde, dachte noch niemand an einen elektrischen Bahnbetrieb. Kurz vor Abschluss der Arbeiten machten jedoch Versuche auf der Tunnelstrecke (angeregt durch die Firma Brown Boveri) die Vorteile deutlich. Die Eröffnung der Simplonbahn verbreitete den Gedanken an elektrische Bahnen im ganzen Land. Im gleichen Jahr began die BLS mit dem Bau der Lötschbergbahn, die von ihrer Eröffnung (1913) an für den elektrischen Fahrbetrieb ausgelegt war.
Da die Schweiz keine eigenen Kohlevorkommen besitzt, verhalf nicht nur der Kohlemangel im Zweiten Weltkrieg, die Elektrifizierung zu beschleunigen. Während das Ausland 1920 eben daran ging, die Möglichkeiten der Dampfkraft im Eisenbahnberieb neu zu überprüfen, waren 1930 in der Schweiz bereits alle Hauptlinien für elektrischen Betrieb ausgerüstet.
Die dampfbetriebene Eisenbahn war die folgerichtige Entwicklung aus Bahnen zum Transport von Lasten – (Wagen auf Schienen, durch Menschen- oder Pferdekraft bewegt), wie man sie bereits Mitte des 16. Jahrhunderts zuerst in deutschen und dann auch in englichen Bergwerken nutzte – und ortsfesten, dampfbetriebenen Pumpen zur Grubenentwässerung, die bereits Anfang des 18. Jahrhunderts in England eingesetzt wurden.
Die ersten 50 Jahre
1817 konstruierte übrigens der Großherzoglich-Badische Forstmeister Karl Friedrich Freiherr Drais von Sauerbornn (1785-1851) die erste lenkbare "Schnellaufmaschine" und setzte damit die Entwicklung aller Zweiräder in Gang (siehe "Die Geschichte des Fahrrades").
Am 27. September 1825 wurde die weltweit erste öffentliche Eisenbahn (von Stockton nach Darlington) eingeweiht. Nach der Einweihungsfahrt wurden im normalen Fahrbetrieb allerdings vorerst wieder Pferde vor die Wagen gespannt.
Am 15. September 1830 fand die Einweihung der Liverpool-Manchester-Eisenbahn statt. Vorausgegangen waren Wettfahrten, die zum ersten mal deutlich machten, dass es möglich war, sich schneller als auf einem galoppierenden Pferd fortzubewegen und auch über viel längere Strecken. Die Erfolge dieser Bahn versetzten England in ein Eisenbahnfieber und führten zur Gründung vieler Eisenbahngesellschaften mit eigenen Bahnen. Aber der Erfolg öffnete auch Spekulanten Tür und Tor, und führte so letztendlich auch geradewegs durch Aktienschwindel und andere Betrügereien zur ersten großen Eisenbahnkrise.
1844 legte eine Bahn der 'Great Western Railway' die 312 km lange Strecke von London nach Exter in nur 4 Stunden und 20 Minuten zurück – mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 66 km/h.
Einen Betriebsrekord stellte eine von Edward Burys 1846 gebaute Dampflok auf: Sie startete 1898, nach 52 Dienstjahren, zu ihrer letzten Fahrt.
1848 erreichte eine Lokomotive bereits die – bis dahin unvorstellbare – Geschwindigkeit von 120 Stundenkilometer.
Spurweiten
Die Spurweite der ersten von George Stephenson gebauten Bahnen lehnte sich an die der englischen Grubenfahrzeuge an und betrug achteinhalb Zoll (143,5 cm). Sie wurde damals in England durch eine Parlamentsverordnung für verbindlich erklärt. Da die meisten Länder britische Lokomotiven importierten, setzte sich dieses Maß anfänglich auch außerhalb Englands durch.
Nachdem die Parlamentsverordnung 1834 ihre Gültigkeit verlor, gab es allerdings in England alleine sieben verschiedene Spurbreiten. Irland entschloss sich zu der nirgends sonst anzutreffenden 'Normalspur' von 160 cm. Sechs Fuß (183 cm) war das Maß für Holland, die ersten russischen Eisenbahnen und den nördlichen Teil der USA. Im südlichen Drittel der Vereinigten Staaten wurde nach dem Bürgerkrieg ein Standardmaß von fünf Fuß (152,5 cm) eingeführt, das, von den amerikanischen Erbauern der Linie St. Petersburg-Moskau nach Russland gebracht, dort bis heute erhalten ist.
Durch die fortschreitende Entwicklung des Verkehrswesens und das daraus resultierende Zusammenwachsen der Länder wurde eine Vereinheitlichung unumgänglich. Die von Stephenson benutzte Spurweite von 143,5 cm setzte sich bald in fast gang Westeuropa durch.
Vor allem die Kosten für den Trassenbau führten dazu, dass vielfach zur Ergänzung der Hauptstrecken, Nebenstrecken als Schmalspurbahnen gebaut wurden. Vor allem viele Bergbahnen wurden mit einer Spurweite von 100 cm gebaut. Die indische Darjeeling-Himalaja-Bahn begnügt sich sogar mit 61 cm und überwindet so auf 82 km 2000 Höhenmeter.
Schweizer Eisenbahn - Die Anfänge
Während sich der schweizer Eisenbahn-Pionier Niklaus Riggenbach (1817-1899) im Ausland (Paris, Karlsruhe) sein fachliches Können aneignete und auf den großen Seen die Dampfschifffahrt aufkam, fanden in der Schweiz heftige Auseinandersetzungen für und wider die Eisenbahn statt. Viele bangten um ihre Zukunft (Sattler, Pferdezüchter, Gastwirte, Postillione usw.) andere hatten Sorge, von fremden Mächten abhängig zu werden und diesen ausgeliefert zu sein. Probleme bereiteten aber vor allem auch die fast 400 Zollstationen des Staatenbundes, die diesen in kleinste Parzellen unterteilten, der Münzwirrwarr, die kantonal unterschiedlichen Postwesen und die unterschiedlichen Masse und Gewichtseinheiten. In den Kantonen Bern, Solothurn, Basel, Freiburg, Aargau und Waadt zahlte man mit dem Franken zu zehn Batzen, in St. Gallen, Schaffhausen, Thurgau und Appenzell war der süddeutsche Gulden übliches Zahlungsmittel, die anderen Kantone hatten weitere Währungen.
Auf der anderen Seite sah man die Bahnlinien in Deutschland, Frankreich und Italien sich immer mehr den schweizer Grenzen nähern und aufgeschlossenen Eidgenossen erkannten den Nutzen der Bahn für den Handel.
1836 wurde die erste schweizer Eisenbahngesellschaft in Zürich gegründet, scheiterte aber bald daran, dass die meisten Aktionäre ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkamen. Daneben hatte es schon bei der Trassevermessung für die geplante Strecke Zürich - Baden heftigste Auseinandersetzungen mit Grundbesitzern gegeben.
1840 wurde die französische Strecke bis St-Louis an der schweizer Grenze bei Basel fertiggestellt. Man kann es sich kaum vorstellen, aber zu dieser Zeit war Basel noch von einer Ringmauer umschlossen, deren Tore aus Vorsicht jeden Abend geschlossen wurden. Dass die Bahn von St-Luis nach Basel fortgeführt würde, war wohl allen klar – ob sich der zu bauende Bahnhof aber innerhalb oder außerhalb der Stadtmauern befinden sollte, darüber erhitzten sich die Gemüter nicht nur in Basel. Die Neue Zürcher Zeitung wies den eidgenössischen Kriegsrat darauf hin, dass eine Lösung innerhalb der Stadtmauern ein Trojanisches Pferd sei, das es den Franzosen erlaube mit Leichtigkeit 20.000 Mann nach Basel hineinzuwerfen und so die Nordwestflanke der Schweiz in höchstem Maße gefährdet sei. Die Basler lösten das Problem endlich durch eine Erweiterung der Stadtmauer und den Einbau eines besonderen Eisenbahntores und erbauten auf dem so hinzugewonnenen Gelände ihre Bahnhofsanlage.
So konnte endlich am 15. Juni 1844 der erste Zug schweizer Geleise befahren.
Schweizerische Nordbahn
Die französischen Züge in Basel gaben den Bestrebungen nach anderen Bahnlinien neuen Auftrieb uns so stand diesmal die Mehrheit der Öffentlichkeit hinter diesem Projekt. Im April 1846 begannen die Bauarbeiten. Zu diesen gehörte auch der Bau des Tunnels durch den Schloßberg bei Baden, der als erster schweizer Tunnel am 14. April 1847 durchstochen wurde. Nebenbei: Der Tunnelbau wurde mit Hilfe aargauischer Sträflinge in Angriff genommen.
Am 7. August 1847 wurde die Strecke Zürich–Baden, die erste ganz auf Schweizer Boden liegende Eisenbahnlinie, festlich eröffnet. Täglich verkehrten in beide Richtungen vier, Sonntags fünf Züge. Für diese Strecke gab es die beiden Schwesterlokomotiven 'Limmat' und 'Aare', 28 Personenwagen mit Sitzplätzen, zwei Stehwagen, zwei Viehwagen, vier Gepäckwagen und einen Wagen zum Kohlentransport. Betrieben wurden die Bahnen zu dieser Zeit übrigens noch nicht mit Steinkohle, sondern mit Holzfeuerung (deshalb auch die besonderen Kamine mit Funkenfang). "Spanisch-Brötli-Bahn" wurde diese Linie bald genannt, da "Spanisch Brötli", ein aus Baden stammendes Gebäck, sich damals in Zürich grosser Beliebtheit erfreute.
Aufbau des schweizer Eisenbahnnetzes
1849 beauftragte der schweizer Bundesrat die Engländer Stephenson und Swineburne, einen Generalplan für ein schweizer Eisenbahnnetz zu entwickeln. Das Gutachten sah als wichtigste Hauptlinie die Streckenführung Genf - Lausanne - Yverdon - Murten - Lyss - Solothurn - Olten - Zürich - Winterthur - Rorschach, als Nord-Süd-Verbindung postulierte es die Linienführung Basel - Olten - Luzern - Bellizona - Chiasso, womit Olten als Verkehrsknotenpunkt an Bedeutung gewann.
Durch negative Erfahrungen gewarnt, schlugen die Engländer außerdem vor, die schweizer Bahnen mit staatlichen und kantonalen Mitteln zu betreiben. 1853 entschieden sich die Räte trotzdem (unter dem Einfluss der Finanzkrise und dem Misstrauen gegen den noch jungen Staat) zugunsten des Privatbaus.
Am 19. März 1854 wurde als zweite Strecke der Schweiz die Bahn Basel - Liestal mit dem 2500 m langen Tunnel durch den Hauenstein in Betrieb genommen. 1860 erstreckten sich vom Knotenpunkt Olten schon Bahnlinien in alle Himmelsrichtungen nach Aarau, Luzern, Bern, Biel und Basel. Die Bahnlinie Zürich - Baden wurde nach Aarau weitergeführt und bekam so über Basel Anschluss an das internationale Schienennetz. Nach Osten wurde diese Linie über Winterthur bis Romanshorn (mit Abzweigungen nach Schaffhausen und Konstanz) fortgeführt.
In der Ostschweiz erstellte die 'Vereinte Schweizer Bahnen' die Linien Winterthur - St. Gallen - Rorschach - Altstätten- Chur und Wallisellen - Rapperswil - Wesen - Sargans mit einer Abzweigung nach Glarus.
Auch in der Westschweiz wurden zwei große Bahnen gebaut: Neuchâtel - Yverdon - Lausanne und Bern - Freiburg - Lausanne. Im Wallis erreichte die Bahn 1860 Sitten.
Damit waren nach anderthalb Jahrzehnten bereits alle größeren Städte nördlich der Alpen an das Schienennetz angeschlossen.
Neben diesem Schienennetz wurden ab 1871 (Rigibahn) diverse Bergbahn-Projekte realisiert. Zu ihnen gehört auch die Brienz-Rothorn-Bahn (1914 bei Ausbruch des 1. Weltkrieges stillgelegt und erst 1931 wieder in Betrieb genommen), die einzige schweizer Bergbahn, die auch heute noch mit Dampfkraft den Berg erklimmt.
Alpenüberquerung
In den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts drohte die Schweiz durch die Strecke am Brenner (1867) und den französisch-italienischen Mont-Cenis-Tunnel (1870) ins Abseits zu geraten. Die Nordbahn und die Centralbahn wurden zur Gotthardvereinigung zusammengefügt. Da sich neben dieser auch Italien, Baden und der norddeutsche Bund für eine Gotthard-Strecke aussprachen und finanzielle Unterstützung zusagten, wurde diese in Angriff genommen und das Lukmanier-Projekt fallengelassen.
Im Sommer 1872 wurde der Bau des Gotthardtunnels in Angriff genommen. An Mehrkosten von 102 Millionen Franken drohte das Projekt zu scheitern, aber bei einer Volksabstimmung am 19. Januar 1879 sprach sich die Mehrheit für die Vollendung aus. Der Tunneldurchschlag gelang am 29. Februar 1880 nach sieben Jahren und fünf Monaten. Eröffnet wurde die Gotthardbahn am 25. Mai 1882. Ein neuer Abschnitt für die schweizer Eisenbahnen begann Dank dieser Nord-Süd-Verbindung.
Schweizer Bundesbahn
Am 20. Februar 1898 sprachen sich die Stimmberechtigten bei einer Volksabstimmung mit großer Mehrheit für die Verstaatlichung aus. Die SBB wurde gegründet. Die vier großen Gesellschaften Nordostbahn, Centralbahn, Vereinigte Schweizer Bahnen, Jura-Simplon-Bahn wurden bis 1903, die Gotthardbahn 1909 erworben.
Die Elektrifizierung
Da die Schweiz keine eigenen Kohlevorkommen besitzt, verhalf nicht nur der Kohlemangel im Zweiten Weltkrieg, die Elektrifizierung zu beschleunigen. Während das Ausland 1920 eben daran ging, die Möglichkeiten der Dampfkraft im Eisenbahnberieb neu zu überprüfen, waren 1930 in der Schweiz bereits alle Hauptlinien für elektrischen Betrieb ausgerüstet.
Weitere Ereignisse der Eisenbahnentwicklung (nach Jahren)
1812
wird die erste Zahnradbahn der Welt eine Grubenbahn von John Blenkinsop in Middleton (Großbritannien) konstruiert.
1858
George M. Pullmann baut den ersten Schlafwagen und danach luxuriöse Schlaf- und Speisewagen, die als Pullmann-Wagen berühmt wurden.
1860
beträgt die Länge des schweizer Streckennetzes bereits 3000 km.
1863
Niklaus Riggenbach erhält ein Patent auf sein Zahnradbahnsystem.
Die Londoner U-Bahn nimmt ihren Betrieb auf.
Die Londoner U-Bahn nimmt ihren Betrieb auf.
1869
Als erste Zahnradbahn, die gebaut wurde, um einen Berg zu erklimmen wird die Zahnradbahn auf den Mount Washington in den USA eröffnet.
Der Amerikaner G. Westinghouse erfindet eine Luftdruckbremse.
Der Amerikaner G. Westinghouse erfindet eine Luftdruckbremse.
1871
Die Rigibahn (von Niklaus Riggenbach konstruierte) wird eröffnet und fährt bis Staffelhöhe. Sie ist die erste Zahnradbahn Europas. 1873 fährt die Rigibahn bis auf 1750 m nach Rigi-Kulm.
1882
Die Gotthardbahn wird eröffnet.
1889
wird die Pilatusbahn bei Luzern eröffnet. Sie ist mit einer maximalen Steigung von 48% die weltweit steilste Zahnradbahn. Für diese extreme Steigung wurde von Eduard Locher das nach ihm benannte Zahnradsystem entwickelt. Die Schmalspurbahn mit 80 cm Spurweite ist 4,6 km lang und überwindet einen Höhenunterschied von 1.629 m. (1937 wurde die Strecke auf elektrischen Betrieb umgestellt.)
1892
Eröffnung der Brienz-Rothorn-Bahn am 17. Juni.
1898
W. Schmidt konstruiert die erste Heißdampflokomotive.
1954
besitzt die Schweiz 658 Bergdurchstiche mit insgesamt 303 km.