Vierte Schweizreise
Im Juli 1973 war ich eigentlich in die Schweiz genauer gesagt ins Saas-Tal gereist, weil dort einige Freunde ein Haus gemietet hatten. Ich konnte aber nicht in der Schweiz gewesen sein, ohne 'mein Tal' und 'Oma Bloetzer' besucht zu haben. So machte ich mich nach zwei Wochen Saas-Tal auf den Weg ins Lötschental. Bis nach Visp im Rhonetal fuhr ich mit dem Postbus, dann ging es, um das knappe Geld zu sparen, zu Fuß bis Ferden ich schmales Hemd mit einem 25 kg Rucksack. Das war hart, zeigte aber auch, was für Anstrengungen für die Bewohner des Lötschentales früher zum normalen Alltag gehörten.
Meine Tante erzählte, dass es für ihren Vater eine Tagesreise war, im Rhonetal ein Kalb zu verkaufen. Und sie erzählte von den Strapazen, die sie als kleines Mädchen auf sich nehmen musste, wenn sie mit Ohrenschmerzen im Winter ins Rhonetal zum Arzt musste. Hinunter wurde sie zwar auf dem Schlitten gezogen, wieder hinauf musste sie aber durch den tiefen Schnee laufen. Und das mit den kurzen Kinderbeinchen. Deshalb war sie im Alter noch sehr entrüstet darüber, dass, wenn sie mit der Medizin wieder in Ferden war, das ganze Dorf an den Medikamenten partizipierte.
Sie erzählte auch, wie sie mit den anderen Kindern jeden Tag im Winter von Ferden nach Goppenstein ins Schulhaus (in dem sie mit meinem Onkel nach dessen Pensionierung wohnte) laufen musste und man sich abwechselte, durch den neu gefallenen Schnee einen Weg zu bahnen.
Und jetzt war Sommer und ich hatte Urlaub! In Ferden übernachtete ich bei Hans (dem Bruder meiner Tante) und Agnes Bloetzer und stieg am nächsten Tag zur Faldumalp auf. Dort verbrachte ich eine erholsame Arbeits- und Wanderwoche bei Theodosia, der Mutter meiner Tante, bis ich (leider) wieder nach Hause musste.
Für viele Jahre war das aus verschiedensten Gründen meine damals letzte Reise in die Schweiz. Dass ich wieder ins Lötschental kommen würde, war immer klar, nicht aber, dass es bis 1992 dauern würde.
In diesem Jahr konnte ich meine Frau überzeugen, dass es nett wäre, nicht wieder an die Nordsee zu fahren, sondern den Urlaub mit unseren Kindern einmal in den Bergen zu verbrigen. Nachdem meine Frau das Lötschental kennengelernt hatte, war sie die treibende Kraft, die uns immer wieder dorthin bringt.