Zweite Schweizreise
02.08.- 25.08.1966
Unser jüngster Bruder Matthis war damals gerade zwei Monate alt. Deshalb war ein Familienurlaub nicht möglich und so durften wir drei Jungen Edgar (13 Jahre), Rüdiger (6 Jahre) und Stefan (4 Jahre) in die Schweiz reisen.
Mein Eintrag ins Familienbuch nach der Rückkehr: (ungekürzt)
Am Dienstag, dem 2.8.66 fuhren wir drei großen Jungen zu Onkel Werner und Tante Käthy in Ferien. Weil Heinz (unser Vater) nicht konnte, brachte uns Tante Maria zum Bahnhof Krefeld. Wir fuhren von Krefeld nach Köln, wo uns Opa Kaufmann, der soweit mitgefahren war, in einen anderen Zug setzte. Von dort ging die Reise über Bonn, Koblenz, Freiburg, Basel, Brugg nach Zürich. In Zürich empfing uns Onkel Werner und brachte uns über Thalwill nach Horgen.
Dort mußten wir am Bahnhof eine halbe Stunde warten, ehe wir nach einem Taxi telefonieren konnten, weil ein Mann so lange telefonierte, obwohl wir ihn ein paar mal aufgefordert hatten, schnell zu machen.
Dann fuhren wir endlich zur Kalkofenstraße 13. Dort warteten Tante Käthy und Yvonne, die Tochter von Tante Käthys Bruder, auf uns. Yvonne war 5 Jahre alt, wie Stefan, und darum heißen sie "Zwillinge".
Die Wohnung von Onkel Werner und Tante Käthy ist sehr schön. Sie besteht aus Schlafzimmer, Wohnzimmer, Vorraum und Flur, Küche und Bad. Als Abendessen gab es Bircher-Müsli. Die nächsten Tage spielten wir meistens auf dem Spielplatz hinter dem Haus.
Am fünften Tag fuhren wir vier Kinder mit Onkel Werner und Tante Käthy auf die Faldumalp ins Lötschental. Wir hatten eine sehr schöne Fahrt. Als wir in Goppenstein ankamen, brachte uns Hans, Yvonnes Vater; nach Ferden und dann auf die Alp.
Als wir auf der Alp ankamen, hörten wir drei Jungen, daß Oma Bloetzer die Kühe holte und wollten ihr gleich nach. In der Eile verpaßten wir die Brücke über den nicht allzu kleinen Bach und, als ich dann hinüberspringen wollte, indem ich auf einige Steine in der Mitte des Baches trat, rutschte ich aus und lag im Bach. Doch lag ich glücklicher Weise mit dem Bauch im Wasser, denn wäre ich mit dem Rücken reingefallen, wäre mein Geldsack - so nennt man hier das Portemonai - naß geworden. Dann machten wir, daß wir schnell in die Hütte kamen, damit ich nicht krank wurde. Bald kam dann auch Oma Bloetzer und wir aßen zusammen zu Abend.
Im Wallis gibt es Morgen-, Mittag-, Abend- und Nachtessen. Das Morgenessen wird nach dem Aufstehen, das Mittagessen um 13 Uhr, das Abendessen um 16 Uhr und das Nachtessen vor dem Schlafengehen eingenommen.
Am nächsten Morgen trieben wir drei Jungen die Kühe auf die Weide. Am Nachmittag gingen wir mit Yvonne und ihrem Bruder Roland zum Schnee, der hinten im "Grund" lag, und rutschten auf Lederhosen oder Rock den Schnee hinunter. In der Nacht zum 9. August fiel auf die höheren Berge Schnee, und am 17. August schneite es morgens auf die Kummenalp so stark, daß man dort erst um 10 Uhr die Kühe auf die Weide bringen konnte.
Am 14. August wanderten wir und holten abends die Kühe, die hoch oben auf den Bergen waren, heim. Am nächsten Tag regnete es, und wir konnten nichts unternehmen. In den nächsten Tagen schien morgens die Sonne und mittags war Nebel oder es regnete. Bei Sonnenschein pflückten wir Heidelbeeren für Müßli und holten Holz für den Ofen, denn dort wird nicht mit Kohle geheizt. Bei Regen saßen wir in der Stube oder brannten uns Käse.
Am 19. August begleiteten wir drei mit Onkel Werner und Tante Käthy Oma Bloetzer und Yvonne ein Stück den Weg ins Tal. Ungefähr in der Mitte des Weges gingen sie alleine weiter, und wir pflückten Waldbeeren, um uns für die Heimreise nach Krefeld ein Müsli zu bereiten.
Bald fing es aber an zu regnen und wir drei Jungen machten uns auf den Weg zur Alp. Als wir dort ankamen, hörte es auf zu regnen. Wir gingen nun in die Hütte und malten die Bilder und schrieben für das Familienbuch. Alle hatten naße Füße. Bald kamen Onkel Werner und Tante Käthy auch und brachten einen Milchtopf mit, der bis zum 3½-l-Strich mit Waldbeeren gefüllt war. In den nächsten Tagen regnete es und wir hatten viel Zeit zum Kofferpacken.
Am 22. August kam die ganze Familie Bloetzer auf die Alp, um dort in die Messe zu gehen. Mittags fuhren wir alle, außer Oma Bloetzer und Roland, ins Tal nach Ferden. Von dort brachte Hans uns fünf nach Goppenstein und wir fuhren von dort weiter nach Horgen.
Am nächsten Tag wurden Bilder gemalt und am 25. August fuhren wir nach Hause. Onkel Werner und Tante Käthy brachten uns nach Thalwill, wo wir auf dem Bahnhof eine lauthals singende Frau sahen, und uns in den Zug setzten. In Köln holten uns um 19 Uhr 41 Heinz, Mutti, Angela und Sylvia ab. Matthis wurde von Oma Fuhrmann, die ein leckeres Essen bereitet hatte, verwahrt. Wir drei waren sehr müde von der Fahrt und gingen bald in unsere eigenen Betten schlafen. Von diesem Abend an schlief Stefan im kleinen Zimmer bei Matthis.
Bilder:
Postkarte von ca. 1965
Stefan: Kuh auf der Alp
Werner Kaufmann: Faldumalp, gezeichnet am 19.08.1966
Edgar: Blaubeeren